Tages-AnzeigerTages-Anzeiger

Haben Sie das Zeug zum Geldwäscherei-Profi?

Das neue Datenleck «Troika-Laundromat» enthüllt, wie Schweizer Banken Millionen aus dubiosen Quellen annahmen. Hätten Sie die Geldflüsse gestoppt? Machen Sie den grossen Geldwäscherei-Test – mit echten Fällen aus dem Leck.

Von Christian Brönnimann und Patrick Vögeli (Interaktiv-Team)

Sie sind die Chefin oder der Chef der internen Aufsicht einer Geldwäscherei-Kontrolle. Täglich kommen Zahlungseingänge auf Ihr Pult, bei denen Sie nicht sicher sind, ob hier jemand versucht, Geld in Ihrer Bank zu waschen.

Geldwäscher parkieren die Profite aus einem Verbrechen gerne in der Schweiz. Gegenüber der hiesigen Bank tun sie so, als handle es sich um Einkünfte aus legalen Geschäften. Dabei legen sie beispielsweise Verkaufsverträge, Rechnungen oder dergleichen vor, die beweisen sollen, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Aber genügen diese Dokumente?

Wir zeigen Ihnen hier eine Reihe echter Fälle mit echten Dokumenten aus dem neuen Laundromat-Datenleck vor. Sie müssen jeweils entscheiden, ob Sie das Geld in Ihre Bank lassen. Senderin des Geldes ist in jedem der Fälle die litauische Bank Ukio, die im Zentrum eines riesigen Schemas stand, mit dem Milliarden aus dubiosen russischen Quellen auf westliche Banken geschleust wurden (So funktioniert der russische Geld-Waschsalon). Nach jedem Fall erklärt der Experte für Geldwäscherei-Bekämpfung, Daniel Thelesklaf, ob Sie richtig oder falsch gehandelt haben. Und wir verraten Ihnen, was die betreffende Schweizer Bank damals tatsächlich mit dem Geld gemacht hat.

Los gehts!

Fall 1

Seltsames Maschinengeschäft
Woher kommt das Geld?

Eine Briefkastenfirma aus Panama hat bei Ihrer Bank ein Konto. Darauf treffen 3,1 Millionen Euro ein, gestückelt in fünf Tranchen. Bezahlt wird die Summe von einer weiteren Briefkastenfirma, dieses Mal in Belize, das ist ein kleines Land in Mittelamerika. Das Konto dieser Firma liegt aber bei der Bank Ukio in Litauen. Alles klar?

Die Begründung der Zahlungen

Als Beweis, dass die Zahlungen auf einem legalen Geschäft beruhen, legt Ihr Kunde zwei identische Kaufverträge vor. Darin steht, dass Maschinen im Gesamtwert von drei Millionen Euro verkauft wurden.

Das Problem

In den beiden Verträgen ist die Panama-Briefkastenfirma mit dem Konto bei Ihrer Bank als Käuferin genannt. Ihr Kunde sollte also die 3,1 Millionen eigentlich selber zahlen, nicht erhalten.

Nehmen Sie das Geld an?

Fall 2

Klimaanlagen mit Preisschwankungen
Woher kommt das Geld?

Diesmal sollen fünf Millionen Dollar in Ihre Bank kommen. Wieder kommt das Geld von einer Briefkastenfirma aus Belize mit einem Konto bei der litauischen Ukio-Bank.

Die Begründung der Zahlungen

In diesem Fall kaufte die Belize-Firma angeblich Klimaanlagen von Ihrem Kunden. Er will das belegen mit einer ganzen Serie von Rechnungen, die er ausgestellt hat.

Das Problem

Viele der Rechnungen sind praktisch identisch. Bei denselben Klimaanlagen steht der gleiche Preis, aber hinter dem Preis steht einmal US-Dollar, dann wieder Euro. Die Preise für dieselben Maschinen schwanken also um über ein Viertel – innerhalb weniger Tage. Zudem ist die Gesamtsumme auf mehreren Rechnungen falsch.

Nehmen Sie das Geld an?

 

Die Fortsetzung des Falls:

Zwei Jahre später fliesst vom selben Konto bei Ihrer Bank Geld zurück zu den vermeintlichen Klimaanlagen-Käufern aus Belize. Nun wollen diese gemäss neuen Rechnungen ihrerseits Ihrem Kunden elektronische Geräte verkauft haben. Insgesamt fliessen knapp zwei Millionen Dollar wieder ab.

Lassen Sie den Geldfluss zu?

Fall 3

Baumaterialien für Litauen
Woher kommt das Geld?

Sie sind beunruhigt. Auf dem Konto einer Panama-Firma bei Ihrer Bank kommen laufend grosse Zahlungen rein, insgesamt acht Millionen Dollar. Das Geld stammt von einer anonymen Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln, von der Sie noch nie zuvor gehört haben. Bezahlt wird wieder über die litauische Ukio-Bank.

Die Begründung der Zahlungen

Ihr Kunde legt Ihnen Verträge für den Verkauf von Baumaterialien vor. Neben den Verträgen verfügen Sie zusätzlich über Zollpapiere aus Litauen mit offiziellem Stempel für die Einfuhr sowie Frachtpapiere für den Transport der Materialien.

Das Problem

Ihr Kunde hat Ihnen die zusätzlichen Zoll- und Frachtpapiere erst nach mehrmaligem Nachhaken vorgelegt.

Nehmen Sie das Geld an?

Fall 4

Ping-Pong-Spiel mit Schuldscheinen
Woher kommt das Geld?

Zwei Briefkastenfirmen von den Britischen Jungferninseln überweisen sich gegenseitig immer wieder Geld. Die eine hat ein Konto bei Ihrer Bank, die andere bei der litauischen Ukio-Bank. In knapp 200 Transfers fliessen 36 Millionen Dollar in die eine und 56 Millionen Dollar in die andere Richtung.

Die Begründung der Zahlungen

Die Zahlungen werden in beide Richtungen mit identisch abgefassten Schuldscheinen begründet, die sich die zwei Firmen gegenseitig verkaufen. Für die Firma mit Konto bei Ihrer Bank unterzeichnet nicht der Inhaber der Firma, sondern eine Person mit Generalvollmacht.

Nehmen Sie das Geld an?

 

Die Fortsetzung des Falls:
Woher kommt das Geld?

Auf dem Konto derselben Briefkastenfirma bei Ihrer Bank treffen zusätzlich noch 1,5 Millionen Dollar einer Belize-Briefkastenfirma ein.

Die Begründung der Zahlungen

Die Firma legt einen Vertrag für «Legal Services» vor, also für juristische Dienstleistungen. Der zweiseitige Vertrag legt den maximalen Wert der Dienstleistungen bei just den 1,5 Millionen Dollar fest.

Das Problem

Laut Vertrag sollen die Dienstleistungen erst bezahlt werden, nachdem sie erbracht und in Rechnung gestellt worden sind. Die 1,5-Millionen-Dollar treffen aber schon 12 Tage nach Abschluss des Vertrages bei Ihrer Bank ein.

Nehmen Sie das Geld an?

 

Der Experte

Daniel Thelesklaf beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Geldwäscherei und deren Bekämpfung. Die Einschätzung der Fälle machte er in seiner Funktion als Präsident von Moneyval, einem Geldwäscherei-Expertenkomitee des Europarats. Thelesklaf ist aktuell Leiter der Geldwäscherei-Behörde FIU in Liechtenstein. Ab August 2019 übernimmt er die Leitung der Schweizer Geldwäscherei-Meldestelle MROS.

Lesen Sie hier, wie Daniel Thelesklaf die Erkenntnisse aus dem Troika-Laundromat beurteilt.

Die Pflichten der Banken

Schweizer Banken müssen bei auffälligen Transaktionen genau hinschauen, um das Geldwäsche-Risiko zu mindern. Das Geldwäschereigesetz verpflichtet die Banken unter anderem, dann «die wirtschaftlichen Hintergründe und den Zweck einer Transaktion» abzuklären, wenn die Transaktion «ungewöhnlich erscheint» oder «mit einem erhöhten Risiko behaftet» ist. Auf Verordnungsebene sind Beispiele ausgeführt, die auf erhöhte Risiken hindeuten können, etwa wenn bei einer Transaktion Briefkastenfirmen involviert sind, insbesondere aus dem Ausland, oder wenn Transaktionen durch ihre Höhe auffallen.

Bei Transaktionen mit erhöhten Risiken muss eine Bank «mit angemessenem Aufwand zusätzliche Abklärungen» treffen. Dazu gehört unter anderem, «die Plausibilität grösserer Zahlungseingänge» zu prüfen.

Ähnlich formulierte Sorgfaltspflichten galten schon 2009 bis 2012. Das ist die Zeitspanne, aus der die Beispiele des Spiels stammen.

Wenn die Banken Verdacht schöpfen, dass mit einer Überweisung Geld gewaschen worden sein könnte, dann sind sie verpflichtet, dies der Geldwäscherei-Meldestelle MROS zu melden. Ob in hier dargestellten Fällen Meldung erstattet wurde, ist nicht bekannt.

Das sagen die Banken

UBS

Aus gesetzlichen und regulatorischen Gründen können wir zu einzelnen Personen oder zur Frage, ob diese Kunde waren oder sind, keine Stellung nehmen. UBS befolgt alle Gesetze überall, wo die Bank tätig ist. Wir dulden keinen Missbrauch jeglicher Art und gehen Verdachtsmomenten systematisch nach.

Bei der Ermittlung verdächtiger Transaktionen verwendet UBS ein hoch entwickeltes System von IT-basierten Überwachungstools und führt für ihre Mitarbeiter regelmässig Schulungen durch zu allen wesentlichen Aspekten der Geldwäschereibekämpfung.

Regelmässig melden wir den für die Geldwäschereibekämpfung zuständigen Behörden verdächtige Aktivitäten.

VP Bank

Über mögliche Kundenbeziehungen machen wir keine Angaben. Wir möchten aber Folgendes festhalten:

Die VP Bank (Schweiz) AG untersteht dem Schweizerischen Geldwäschereigesetz sowie der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) und hält die regulatorischen Vorgaben selbstverständlich jederzeit ein. Die unabhängige Compliance-Abteilung prüft risikobasiert die Einhaltung der regulatorischen Vorgaben. Bei Vorliegen von Anhaltspunkten für Geldwäscherei prüft sie diese und meldet Verdachtsfälle proaktiv; sei es im Rahmen der Meldepflicht oder des Melderechts. Zur Prävention von Geldwäscherei, Vortaten zur Geldwäscherei, organisierter Kriminalität und Terrorismusfinanzierung identifiziert die VP Bank (Schweiz) AG über ein softwareunterstütztes Monitoring-System ungewöhnliche Sachverhalte und Transaktionen.