Es gibt mehr als 360 verschiedene Formen von Kopfschmerz. Über 90 Prozent der Betroffenen leiden aber an Migräne oder Spannungskopfschmerzen. Oft handelt es sich auch um eine Mischform aus beidem: Die meisten Kopfwehgeplagten haben nicht nur einen Typ von Kopfschmerz. Etwa eine bis zwei von hundert Personen haben Monat für Monat mehr Kopfschmerztage als Tage ohne Kopfschmerzen.
Viele Betroffene wissen gar nicht, welche Art von Kopfschmerz sie plagt. Folglich erhalten sie auch nicht die optimale Behandlung. Höchstens fünf von zehn an Migräne Leidenden ist zum Beispiel klar, dass sie Migräne haben. Wird die Diagnose «Migräne» gestellt, werden meist auch wirksamere Medikamente eingesetzt – von denen Kranke früher nur träumen konnten.
Kopfschmerzen können Zeichen einer ernsten Erkrankung sein. Fieber beispielsweise kann auf eine Infektion hindeuten. Ein nie gekannter Kopfschmerz sollte dringend ärztlich abgeklärt werden, ebenso, wenn sich die «gewohnten» Kopfschmerzen aufs Mal ändern. Die Liste der Erkrankungen, die zu Kopfschmerzen führen können, ist lang: Schlafstörungen, nächtliches Zähneknirschen, erhöhter Augendruck, Nasennebenhöhlenentzündungen, Bluthochdruck, Arterienentzündungen, Gefässfehlbildungen und vieles mehr.
Die Ratschläge – im wahrsten Sinn – lauteten: Einen Zitteraal berühren und sich einen elektrischen Schlag mit bis zu 600 Volt verpassen lassen war 1762 die Empfehlung in einer wissenschaftlichen Schrift. Einen toten Maulwurf am Kopf festbinden galt etwa um das Jahr 1000 als probates Mittel. Auch Knoblauch an den Schläfen unter die Haut schieben war damals ein heisser Tipp, ebenso wie ein heisses Eisen am Kopf zu applizieren. Um das Jahr 100 riet der griechische Arzt Aretaios, einen Gänsefederkiel tief in die Nase zu rammen, sodass es kräftig blutet. Verglichen damit war das tönerne Krokodil mit Getreide im Maul, das bei den alten Ägyptern mit einem Leinenstreifen an den Kopf gebunden wurde, die wohltuendere Therapie. Die Massage mit Rosenöl – das in anderen Kulturkreisen als Schmerzmittel gilt – war wohl die angenehmste Behandlung. Schon die Götter Horus und Re in der altägyptischen Mythologie litten übrigens an Kopfschmerzen. Göttin Isis behandelte Re deshalb mit einer Koriandermus-Honig-Kopfbandage.
Eine ganze Menge: sich informieren, Buch führen und die Signale beachten, die der Körper gibt. Wichtig ist, über einige Monate einen Kopfschmerzkalender zu führen und jeden Anfall zu protokollieren, insbesondere vor Arztbesuchen. Solche Kalender gibt es auch als App (zum Beispiel die Migräne-App der Schmerzklinik Kiel oder M-sense) oder zum Ausdrucken (beispielsweise hier). Ausserdem braucht es Geduld, um den mittelfristigen Erfolg einer Behandlung beurteilen zu können – und die fehlt vielen.
Eindeutiges Zeichen ist die «Aura». Sie tritt aber nur bei etwa einem oder zwei von zehn Betroffenen auf. Meist sind das rund 30 Minuten anhaltende Sehstörungen in Form von flimmernden Punkten, Zickzacklinien, Schlieren oder Schleiern, die sich allmählich ausbreiten. Selten zeigt sich die Aura an Schwindel, Sprachstörungen oder anderen, kurzzeitig auftretenden neurologischen Symptomen. Eine Migräneattacke hält maximal 72 Stunden an, im Gegensatz zum Spannungskopfschmerz, der sogar eine ganze Woche dauern kann. Bei der Migräne verstärkt sich der Kopfschmerz durch körperliche Aktivität, beim Spannungskopfschmerz dagegen kann körperliche Aktivität oder Ablenkung sogar die Schmerzen lindern. Ein anderes Unterscheidungsmerkmal sind Übelkeit und Erbrechen sowie die Reizüberempfindlichkeit gegen Licht und Lärm. Dies tritt bei Spannungskopfschmerzen nicht auf.
Bei knapp einem Drittel der «Migräniker» zeigen sich die ersten Anzeichen schon bis zu 2 Tage vor den Schmerzen: Gereiztheit, Verlangen nach Süssem, häufiges Gähnen, Aufgedrehtheit, Müdigkeit oder anderes mehr können Hinweise sein. Setzt die Migräneattacke ein, werden – zu Unrecht – oft diese Vorboten als Grund verdächtigt. Schuld war aber nicht die Schokolade – das Verlangen danach war bloss das erste Zeichen der Migräne.
Samstag ist Migränetag. An diesem Wochentag leiden statistisch die meisten Migräniker. Erst im April 2019 erschien in der Fachzeitschrift «Acta Neurologica Scandinavica» eine aktuelle Studie dazu. Forscher untersuchten die Daten von über 44’000 Migräneattacken von 1085 Teilnehmern. Die Teilnehmer zeigten zwar unterschiedliche individuelle Muster für die Verteilung ihrer Migräneattacken. Doch für einen grösseren Teil von ihnen (195 von 1085) schien der Samstag tatsächlich der vorherrschende Tag für Migräneanfälle zu sein. Auch in früheren Studien stellte sich der Samstag als typischer Migränetag heraus. Möglicherweise deshalb, weil sie am Freitag später ins Bett gehen und/oder samstags später aufstehen und das den gewohnten Rhythmus stört. Eine typische Migränezeit ist übrigens früh am Morgen, aus dem Schlaf heraus.
Anders als manchmal behauptet, gibt es keine «Migränepersönlichkeit». Menschen mit Migräne sind aber besonders empfindlich gegen plötzliche Änderungen im Nervensystem. Vor allem schnelle und starke Wechsel im «Aktivierungszustand» – also zum Beispiel zwischen Schlaf und Anspannung – provozieren die Migräneattacken, weil die Nervenerregbarkeit gestört ist. Infolgedessen schütten die Nervenzellen in bestimmten Hirnbereichen übermässig viele Botenstoffe aus, was Schmerzsensoren aktiviert und zur Freisetzung von Entzündungsbotenstoffen führt. Diese von den Nervenzellen ausgehende Entzündung erfasst auch die Blutgefässe in den schmerzempfindlichen Hirnhäuten. Migräne wird heute also nicht mehr als klassische psychosomatische Erkrankung betrachtet, obschon psychische und soziale Faktoren eine Rolle spielen.
Es gibt genetische Risikofaktoren, die in manchen Familien gehäuft vorkommen. Sicher ist, dass die Migräne eine genetische Grundlage hat. Mittlerweile sind 44 Genvarianten auf 38 Risikogenen dafür bekannt. Zahlreiche davon sind in den Bereichen des Erbguts lokalisiert, die das Blutkreislaufsystem und die Energieversorgung des Gehirns regulieren. Das weist darauf hin, dass eine Störung der Energieversorgung des Gehirns wesentlich für die Entstehung ist.
Das kann Hunderterlei sein: Eine verpasste Mahlzeit oder eine Abmagerungsdiät, heiss duschen, ein intensiver Geruch, starke Gefühle, Gewürze oder bestimmte Nahrungsmittel, Alkohol, langes Schlafen, Ferienbeginn oder -ende, Erschöpfung oder auch Medikamente. Der springende Punkt ist, dass es den Aktivierungszustand von Nerven verändert.
Jeder fünfte Mensch mit Migräne hegt den Verdacht, dass die Attacken durch bestimmte Nahrungsmittel verursacht werden. In einer kleinen türkischen Studie haben Forscher im Blut von 30 Personen nach Abwehrstoffen (Antikörpern) gegen Nahrungsmittel gesucht. Am häufigsten fanden sie Antikörper gegen Gewürze, Nüsse und Samen, Meerestiere und gegen Stärke. Als die Versuchspersonen diejenigen Nahrungsmittel strichen, gegen die sie Antikörper hatten, sank die Zahl der Kopfschmerztage von durchschnittlich 10,5 auf 7,5 und die Migräneattacken von 9 auf 6,2. Für einen Beweis genügt diese Studie aber noch lange nicht, zumal verschiedene Fachleute stark an ihren Ergebnissen zweifeln. Wer vermutet, dass bestimmte Lebensmittel für die Migräne verantwortlich sind, sollte ein Ernährungstagebuch führen. Das kann hilfreich sein, um Genaueres herauszufinden. Bioresonanz ist übrigens nicht geeignet, um sicher festzustellen, was ein Mensch verträgt und was nicht.
Wer täglich mehrere Tassen Kaffee gewohnt ist und an Migräne leidet, bekommt häufig Schmerzanfälle, wenn er den Kaffee weglässt. Ein Übergebrauch, also mehr als circa fünf Tassen pro Tag, kann die Migränehäufigkeit erhöhen. Das gilt auch für koffeinhaltige Getränke. Kaffee sollte regelmässig oder gar nicht getrunken werden.
Er wird am häufigsten als Auslöser vermutet. Oft spielt aber nicht allein das Getränk eine Rolle, sondern auch die Tageszeit. Manche Menschen vertragen beispielsweise Sekt am Abend, am frühen Nachmittag aber löst er fast sicher eine Migräne aus. Ähnliches gilt vermutlich auch für Nahrungsmittel: Es kommt auch auf das Wann und Wie an. Wer sich an der Forschung zu den Auslösern von Migräne beteiligen möchte, kann die «Mira – Kopfschmerz-Radar»-App herunterladen und seine Anfallsdaten eingeben.
In verschiedenen Ländern der Welt ist die Migräne etwa gleich häufig – trotz unterschiedlichem Klima. Auch die Kopfschmerztage pro Monat oder Jahr sind recht einheitlich. Bis heute gibt es keinen Beweis, dass das Wetter und Migräneattacken zusammenhängen. Wenige Menschen reagieren aber auf sich schnell ändernde Wetterverhältnisse mit Migräneattacken.
Maximal eine von 20 Frauen leidet an reiner «menstrueller Migräne». Diese setzt ein, wenn der Spiegel des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen absinkt, also etwa 2 Tage vor der Mens bis 3 Tage nach ihrem Beginn. Häufiger ist die «menstruell-assoziierte Migräne», die bei der Mens, aber auch zwischendrin auftritt. Die Gebärmutter- oder die Eierstöcke entfernen zu lassen, nützt übrigens nichts.
Wichtig ist, alles zu vermeiden, was das Nervensystem zu stark oder zu plötzlich aktiviert. Konkret heisst das: Ein möglichst «ausbalancierter Lebensstil» mit gleichmässigen Tagesabläufen. Wichtig sind regelmässige Essens-, Pausen- und Schlafenszeiten. Auch am Wochenende sollte der Wecker also so gestellt werden wie sonst. Ausserdem hilft es, die Dinge gelassener zu nehmen Älter werden kann ebenfalls ein Segen sein: Von den 15- bis 49-Jährigen in der Schweiz gab in einer Umfrage fast jeder Zweite an, in den letzten vier Wochen Kopfschmerzen gehabt zu haben, bei den 50- bis 64-Jährigen war es «nur» noch jeder Vierte und von den über 65-Jährigen jeder Siebte.
Eine kleine, kohlenhydratreiche Mahlzeit – beispielsweise Müesli oder Vollkornbrot – kurz vor dem Zu-Bett-Gehen kann nächtliche und morgendliche Attacken unter Umständen verhindern. Sie entstehen oft durch den Blutzuckerabfall während der Nacht. Empfehlenswert ist auch ein warmes kohlenhydratreiches Frühstück in Ruhe sowie regelmässige Mittag- und Abendessen zu festen Zeiten. Eine sehr spezielle Form der Behandlung wird in einem US-Forum für Betroffene beschrieben: Früh im Migräneanfall hilft offenbar einigen Personen der «Brain Freeze». Dabei wird zum Beispiel eiskalter «Frappucino», Slush – also ein halb gefrorenes Trinkeis –, ein kalter Milkshake oder ähnlich Eiskaltes erst im Mund behalten und dann rasch getrunken. Eiskaltes Wasser scheint demnach nicht zu funktionieren. Wissenschaftlich überprüft wurde das bisher aber nicht.
Sehr wichtig. Erstens, weil erhöhtes Gewicht mit häufigeren Kopfschmerzen einhergeht und Sport bei der Gewichtsabnahme hilft. Zweitens, weil er – vernünftig betrieben – entspannend auf das Nervensystem wirkt und Stresshormone abbaut. Migräniker sollten aber nicht grad voll loslegen, weil das einen Schmerzanfall verursachen kann, sondern sich erst gut aufwärmen. Ausdauersportarten sind zu empfehlen, Sprintsportarten nicht. Ideale Startzeit ist zwischen 16 und 18 Uhr, am besten drei- bis viermal pro Woche, für jeweils mindestens 30 Minuten, möglichst im Freien und bei jeder Witterung. Gewichtsabnahme ohne Sport, allein mit Diät, hilft bei Übergewicht, aber nicht gegen die Migräne.
Da gibt es jede Menge Angebote, von der stationären Behandlung bis zur App. Entspannungsverfahren, Biofeedback oder kognitive Verhaltenstherapie sind etwa gleich wirksam. Unter den Entspannungsverfahren ist die «Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson» am populärsten, weil sie schnell erlernbar ist (die kostenlose Migräne-App enthält zum Beispiel eine Version). Damit lässt sich die Häufigkeit der Migräne um 35 bis 45 Prozent reduzieren, also etwa gleich gut wie mit dem vorbeugend wirkenden Betablocker Propranolol. Am besten plant man täglich mindestens 15 Minuten für das Entspannungstraining ein. Stressbewältigungstraining, Selbstsicherheitstraining und Sozialkompetenztraining (zum Beispiel, um Nein sagen zu lernen, wenn das Pensum zu gross wird) sind weitere Möglichkeiten.
Schwanger zu werden, kann vorübergehend Erleichterung bringen: Bei 50 bis 80 Prozent der schwangeren Frauen lassen die Migräneanfälle deutlich nach, am stärksten in den letzten beiden Dritteln der Schwangerschaft (bei acht Prozent nehmen die Kopfschmerzen aber zu). Ob das den konstant hohen Hormonspiegeln zu verdanken ist, den zusätzlichen Endorphinen im Blut, dem veränderten Serotonin-Stoffwechsel im Hirn und/oder dem meist ruhigeren Lebensstil während der Schwangerschaft, ist offen. Im Wochenbett setzen die Migräneanfälle meist wieder ein, und Stillen nützt vermutlich nichts, um sie zu reduzieren.
Das muss jeder für sich herausfinden. Denn kein Arzneimittel wirkt bei allen gleich gut. Ein Mass ist die «number needed to treat» (NNT). Sie gibt an, wie viele Betroffene ein Medikament nehmen müssen, damit einer davon profitiert. In Studien wirkten die sogenannten Triptane beim akuten Migräneanfall meist besser als Schmerzmittel oder Entzündungshemmer. Aber das Medikament muss auch zum Patienten passen: Wer zum Beispiel ungenügend behandelten Bluthochdruck oder Angina pectoris hat, sollte kein Triptan nehmen. Wer hingegen schon einmal ein Magengeschwür hatte, muss mit gängigen Schmerzmitteln wie Diclofenac, Ibuprofen oder ASS vorsichtig sein. Zu erwarten, dass sich allein durch die Akut-Medikamente langfristige Therapieeffekte bei der Migräne erzielen lassen, ist übrigens utopisch. Es braucht das eigene Zutun. Fachleute empfehlen, Medikamente und nicht-medikamentöse Verfahren zu kombinieren. Hier finden Sie einen Überblick über die unterschiedlichen Wirkstoffe von Triptanen und ihre Nebenwirkungen.
Es gibt zwar kein Zaubermittel, aber eine Migräne, die sich überhaupt nicht bessern lässt, gibt es auch nicht. Oft werden jedoch die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft, zum Beispiel, weil die Medikamente zu niedrig dosiert sind, oder weil ein Medikament weiter genommen wird, obwohl es dem Betroffenen zu wenig hilft. Wirkt beispielsweise die erste Dosis eines Triptans nicht, wird eine zweite Dosis wahrscheinlich auch nichts bringen. Besser ist dann, auf ein anderes Arzneimittel zu wechseln.
Weil sie im Magen und Darm oft nicht mehr gut aufgenommen werden, wenn der Anfall voll ausgeprägt ist.Voraussetzung für die Medikamenteneinnahme ist:
In verschiedenen Studien hat sich gezeigt, dass bei Migränikern der Magnesiumspiegel im Hirn niedriger ist als bei Nicht-Migränikern. Es gibt aber nur wenig Beweise, dass die Einnahme dieses Mineralstoffs gegen die Kopfschmerzen hilft. Eine Dosis von 10 Millimol pro Tag half den Patienten in einer Studie an Kopfschmerzzentren jedenfalls nicht. 24 Millimol täglich dagegen nützten bei Patienten in allgemeinmedizinischen Praxen.
Vitamin B2 könnte eventuell etwas bringen, aber es gibt – wie so oft bei komplementären Methoden – nur wenige wissenschaftliche Studien dazu. Deshalb herrscht auch Uneinigkeit, was die Dosis betrifft: Ein US-Fachmann weist darauf hin, dass 25 Milligramm pro Tag bereits hilfreich sein können. Hiesige Experten dagegen raten zu 400 Milligramm täglich, mit Verweis auf eine Studie, bei der – nach dreimonatiger Einnahme des Vitamins – über die Hälfte der Patienten nur noch halb so oft an Migräne litten. Auch die Schmerzintensität sank bei mehr als jedem Dritten.
Er kann recht gross sein, und zwar bei allen Verfahren. Bei mittlerer oder schwerer Migräne beispielsweise hilft die Kombination von Sumatriptan und Naproxen etwa 28 von 100 Personen, damit sie innerhalb von zwei Stunden schmerzfrei werden. Mit Placebo haben immerhin 8 von 100 Personen nach zwei Stunden keine Kopfschmerzen mehr. In einer kleinen Pilotstudie, bei der die Patienten sogar wussten, dass sie Placebo erhielten, erzielte das Scheinmedikament immerhin etwa 60 Prozent der Wirkung eines Triptans. Als Forscher ein Triptan absichtlich als Placebo beschrifteten und das Placebo umgekehrt die Aufschrift des Triptans trug, wirkte beides gleich gut.
Wenn der Magen bei Migräne streikt, wird auch der Wirkstoff in einer Tablette oder Kapsel kaum noch aufgenommen. Tropfen, Brausetabletten, Nasenspray oder Zäpfchen funktionieren in dieser Situation besser. Wer ein Anti-Brechmittel gegen die Übelkeit braucht, sollte es 15 Minuten vor dem Schmerzmittel nehmen – falls er nicht sowieso auf eine andere Darreichungsform ausweicht. Ebenfalls wichtig zu wissen: Eine Migräne kann manchmal länger dauern als die Wirkung des Schmerzmedikamentes anhält. Sobald diese nachlässt, kehren die Schmerzen wieder zurück. Bei den Triptanen zum Beispiel tritt dieser «Wiederkehrkopfschmerz» in 15 bis 40 Prozent der Fälle auf. Und der letzte, wichtige Punkt: Medikamente an maximal 10 Tagen pro Monat einnehmen.
Ja, wenn die Migräneattacken die Lebensqualität mindestens dreimal pro Monat stark beeinträchtigen, regelmässig länger als 72 Stunden dauern oder nicht auf die akute Behandlung ansprechen, wird eine medikamentöse Vorbeugung sogar empfohlen. Das bedeutet dann jedoch nicht, dass keine Schmerzattacken mehr auftreten. Aber die Abstände dazwischen können sich dank der Vorbeugung verlängern oder die Symptome abschwächen. Als wirksam gilt eine Prophylaxe, wenn sie mehr als 50 Prozent der Anfälle verhindert. Das erreichen bestenfalls 60 von 100 Betroffenen. Beurteilt wird der Erfolg erst nach zweimonatiger Einnahme der verträglichen Höchstdosis.
Zum Beispiel Betablocker, die sonst als Blutdrucksenker verwendet werden. Auch schwach dosiertes Aspirin (100 bis 300 Milligramm pro Tag (maximal 14 Tage pro Monat), Botox-Spritzen und weitere Medikamente können vorbeugen, nicht alle davon sind jedoch in der Schweiz für diesen Einsatz zugelassen. Von Zeit zu Zeit ist ein Auslassversuch sinnvoll, um zu prüfen, ob der Effekt auch ohne Medikamente anhält. In der Regel stoppt man daher die Medikation nach rund sechs Monaten. Das oft verordnete Magnesium bringt übrigens – wenn überhaupt – nur wenig gegen das Kopfweh, verursacht aber gelegentlich Durchfall.
Dann stimmt entweder die Diagnose nicht – vielleicht auch, weil der Betroffene seine Beschwerden nicht genügend protokolliert und dem Arzt damit die richtige Diagnose erschwert hat. Oder das Medikament wurde zu spät genommen. Oder die Dosis war zu niedrig. Oder das gewählte Mittel hilft diesem Menschen zu wenig. Oder er hat etwas missverstanden. Allein das passive Hinlegen zur Akupunktur zum Beispiel genügt nämlich nicht. Migräniker müssen selbst einiges tun, damit es ihnen besser geht. Also zum Beispiel eine Arbeitspause einlegen, Handy abschalten, nach draussen gehen und überhaupt den Alltag so gestalten, dass sie «runterkommen» und die Wahrscheinlichkeit für eine Migräne möglichst reduzieren. Dazu gehört auch genügend Schlaf.
Da scheiden sich die Geister. Die Kombination von ASS, Paracetamol und Koffein wirkt oft besser als die einzelnen Substanzen und soll durchschnittlich sieben Minuten schneller wirken. Aber: Die Kombinationstablette führt rascher zu einem Müks, der Entzug dauert länger und ist mühsamer. Deshalb wird davon abgeraten. «Müks» steht für
Medikamenten-Übergebrauch-Kopfschmerz, dass die Schmerzmittel selbst Kopfschmerzen bereiten. Wer zu Beginn der Kopfschmerzen noch Kaffee mag, kann statt der Wirkstoffkombination ein Schmerzmittel nehmen und einen Espresso mit Zitrone trinken.Akupunktur half in einer Studie etwa gleich gut wie der Wirkstoff Sumatriptan, doch die Beweislage ist dünn. Bei schweren Migräneanfällen schnitt Sumatriptan aber besser ab. Cannabis-Präparate entspannen die Kopf- und Nackenmuskeln, helfen beim Schlafen und bessern die Migräne bei manchen Personen – auch da ist die Beweislage aber noch dünn. Achtsamkeitstraining und Hypnose können ebenfalls einen Versuch wert sein.
Reto Agosti, Chefarzt des Kopfwehzentrums Hirslanden in Zollikon und Zürich, empfiehlt unter anderem eine Craniosakraltherapie bei «Therapeuten, die bei Migräne versiert sind». Yoga dagegen ist seiner Erfahrung nach bei manchen Betroffenen «zu heftig». Für die meisten alternativen Methoden gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis, dass sie wirken. Weder Aufbissschienen noch Chiropraktik, Darmsanierung und anderes mehr haben ihren Nutzen bei Kopfschmerzen oder Migräne unter Beweis gestellt.
Ja, zum Beispiel regelmässiger aerober Ausdauersport oder Akupunktur. Etliche der schon erwähnten Methoden wie Entspannungsverfahren, kognitive Verhaltenstherapie oder Biofeedback werden ebenfalls zur Vorbeugung eingesetzt. Käufliche Selbstlernprogramme gibt es zum Beispiel hier. Auch die medikamentöse Blockade eines Nervs am Hinterkopf kann helfen – sowie die elektrische Stimulation von Nerven im Bereich der Stirn und des Nackens (TENS). Rund 2 Tage weniger Migräne pro Monat brachte in einer Studie ein kleines Elektrostimulationsgerät namens Cefaly zum Anbringen auf der Stirn oder am Hinterkopf. Es kann auch beim akuten Anfall schmerzlindernd wirken. «Migränechirurgie» oder Piercings an den Ohren dagegen können Sie vergessen. Es gibt keinen Grund, sich deshalb operieren oder den Ohrknorpel durchstechen zu lassen.
Pestwurzextrakt könnte hilfreich sein. Mutterkraut scheint ebenfalls eine Wirkung zu haben, allerdings nur schwach. Es reduzierte die Anzahl der monatlichen Attacken von 4,8 auf 2,9 – das waren 0,6 Anfälle weniger als mit Placebo. Solche Durchschnittswerte können jedoch täuschen, denn im Einzelfall gibt es bei allen vorbeugenden Mitteln Betroffene, die kaum noch Migräneattacken erleiden. All diese Studien erlauben aber kein abschliessendes Fazit, weil sie zu wenige Teilnehmer hatten, andere Mängel – oder weil sie zu widersprüchlichen Ergebnissen kamen. Mutterkraut-Tee nützt übrigens nichts, weil die Inhaltsstoffe nicht ins Wasser übergehen.
Ein Produkt namens «Migravent» reduzierte die Schwere der Migräne in einer Studie mit 130 Patienten. Es enthält Vitamin B2, Magnesium, Coenzym Q10 und eine Reihe weiterer Vitamine und Spurenelemente. Coenzym Q10 allein kann ebenfalls hilfreich sein, so das Resultat einer kleinen Studie. Empfohlen werden dreimal täglich 100 Milligramm. Einige Studien haben gezeigt, dass bei Menschen mit Neigung zu erhöhtem Blutdruck eine gesunde Ernährung mit reduziertem Salzkonsum (zum Beispiel die DASH-Diät) die Kopfschmerzanfälle ebenfalls reduzieren kann. Dort wurde aber nicht zwischen Migräne und anderen Kopfschmerztypen unterschieden.
Im Jahr 1979 postulierten Forscher, dass bestimmte Botenstoffe des Trigeminusnervs Migräne verursachen können. Einer dieser Stoffe, abgekürzt CGRP, weitet nur die kleinsten Blutgefässe und vermittelt Schmerzsignale, zum Beispiel aus den Hirnhäuten. Neue Antikörper blockieren die schmerzauslösende Wirkung von CGRP. Die Wirkstoffe heissen Erenumab, Galcanezumab oder Fremanezumab und sind in der Schweiz bereits zugelassen. In Studien reduzierten diese Spritzen die Migränetage um 3,2 bis 6,6 Tage pro Monat. Zum Vergleich: Eine Placebobehandlung ersparte den Patienten 0,2 bis 4,2 Migränetage. Einzelne Patienten profitieren sehr von dieser Behandlung: Sie haben zum Beispiel statt 22 Migränetagen pro Monat gar keinen mehr – trotzdem gibt es auch Kritik an diesen neuen Medikamenten. Wirkstoffe, die auf «-gepant» enden, setzen ebenfalls bei CGRP an, sind aber zum Einnehmen. Sie sind noch in der Pipeline oder knapp vor der vom Hersteller erwarteten Zulassung für die USA. Auch der neue Wirkstoff Lasmiditan, der im akuten Migräneanfall helfen soll, ist in der Schweiz bisher noch nicht zugelassen.
Die Fachblätter «Arznei-Telegramm» und «Pharma-Kritik» kritisieren, dass die neuen Medikamente nicht mit erprobten Vorbeugemedikamenten verglichen wurden, sondern nur mit Placebo – und da sei der Vorteil «verhältnismässig bescheiden». Insbesondere, wenn man die Kosten berücksichtige: rund 8000 Franken Jahreskosten für die neuen Spritzen im Vergleich zu 160 Franken pro Jahr für einen bewährten Betablocker. Ausserdem, geben sie zu bedenken, wisse man noch wenig zur Langzeitverträglichkeit. Sie raten, die Mittel nur einzusetzen, wenn alle anderen Optionen erfolglos waren oder nicht möglich sind.
Auch vonseiten der Ärzte, die mit den neuen Medikamenten Erfahrungen gesammelt haben, kam Kritik – aber nicht an den Medikamenten, sondern an den Behörden. Die Krankenkassen brauchen die neuen Medikamente nur ab mindestens 8 Migränetagen pro Monat zu vergüten. Das sei Willkür, kritisieren die Ärzte. Ausserdem verlangt das Bundesamt für Gesundheit, dass die neuen Medikamente spätestens nach einem Jahr für drei Monate abgesetzt werden, um zu prüfen, ob sie noch nötig sind. Bis die Behandlung weitergehen könne, würden meist etwa vier Monate vergehen, während derer die Patienten wieder leiden würden.
«Für fast alle Patienten, die gut auf die neuen Behandlungen angesprochen haben, bedeutet das ‹zurück in die Hölle› für mindestens drei Monate», sagt Reto Agosti, Chefarzt des Kopfwehzentrums Hirslanden. Überdies habe sich gezeigt, dass die neuen Medikamente mit zunehmender Dauer – ohne Behandlungsunterbrüche – immer besser wirken.
Früher wurde angenommen, dass diese Schmerzen von Muskelverspannungen am Schädel herrühren. Das war knapp daneben. Heute weiss man: Es sind Verspannungen im Schulter-Nacken-Bereich, die solche Kopfschmerzen häufig auslösen. Vier von fünf Erwachsenen leiden mindestens einmal pro Jahr daran. Welche Abläufe im Körper genau zu dieser Art von Kopfschmerzen führen, ist nicht bekannt. Obwohl Spannungskopfschmerzen häufiger sind als Migräne, sind sie weniger gut erforscht.
Bewegen, Dehnen, Trainieren, Entspannen. So lautet die Therapie in Kürze. Wer häufig unter Spannungskopfschmerzen leidet, sollte im Alltag regelmässig den Kopf drehen, neigen und nach vorn beugen, die Schultern kreisen und die Haltung immer wieder verändern. Auch Wärmeanwendungen oder Eiswürfel können guttun, wobei Letztere nie direkt auf die Haut gelegt werden sollten.
Wer drei Monate lang an 10 oder mehr Tagen monatlich Medikamente gegen die Kopfschmerzen braucht, läuft Gefahr, einen Müks (Medikamenten-Übergebrauch-Kopfschmerz) zu entwickeln, und sollte sich ärztliche Hilfe holen. Bei einfachen Schmerzmitteln wie zum Beispiel Aspirin, Dafalgan oder Ibuprofen läuft man ab einer Einnahme von 15 Tagen oder mehr pro Monat Gefahr, einen Müks zu entwickeln. Die wichtigste Faustregel lautet aber «10–20»: An weniger als an 10 Tagen pro Monat sollen Akutmedikamente gegen Kopfschmerzen eingenommen werden, an mindestens 20 Tagen im Monat sollen keine Schmerz- oder Migränemittel verwendet werden.
Zuerst sollte man sich über die Erkrankung informieren. Dann kann die Behandlung mit Entspannungstraining (z.B. progressive Muskelrelaxation nach Jacobson oder autogenes Training) helfen. Auch Musiktherapie und/oder Stressbewältigungstraining sowie Biofeedback können hilfreich sein. Den Hals- und Schultermuskeln tut Physiotherapie mit Training, Dehnübungen und Massage gut. Auch Antidepressiva werden zur Behandlung eingesetzt.
Da gehen die Meinungen auseinander. Die Schweizerische Kopfwehgesellschaft rät: Medikamente wenn möglich vermeiden. Die deutsche Leitlinie dagegen nennt als Behandlung Paracetamol Acetylsalicylsäure (bekannt zum Beispiel als ASS oder Aspirin), Naproxen, Metamizol (jeweils 500 bis 1000 mg) oder Ibuprofen (200 bis 400 mg). Zehnprozentiges Pfefferminzöl, auf die schmerzhaften Stellen des Kopfes aufgetragen, wirkt ähnlich gut wie Schmerzmittel.
Hier finden Sie einen Überblick über die wichtigsten Wirkstoffe und ihre Eigenschaften:
Dreimal pro Woche etwa 45 Minuten lang mit einem Pulsziel von 120 bis 140 Herzschlägen pro Minute, rät die Schweizerische Kopfwehgesellschaft. Und dazu tägliche Entspannungsübungen. Weshalb Ausdauersport genau hilft, ist nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass es mit dem Einfluss von Sport auf die Mitochondrien in den Zellen zu tun hat. Mitochondrien versorgen die Zellen mit Energie.
Bei chronischen Spannungskopfschmerzen, also an mindestens 15 Tagen pro Monat, kann diese Methode einen Versuch wert sein. Einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2016 zufolge halbiert sich die Häufigkeit der Schmerzanfälle bei 52 von 100 Betroffenen – wobei Scheinakupunktur immerhin 43 von 100 Personen hilft. Dabei werden absichtlich falsche Stellen am Körper genadelt oder die Nadel durchdringt die Haut nicht.
Leider ja. Deutlich erkannt wurde dieser Zusammenhang, weil einige der kleinen «Harry Potter»-Leser bei der Lektüre der Abenteuer des berühmten Zauberers erkrankten. Die Diagnose: Nacken- und Handgelenksschmerzen wegen starrer Haltung und 2 bis 3 Tage dauernde Spannungskopfschmerzen durch unablässiges Lesen. Der (augenzwinkernde) Fachausdruck dafür: «Hogwarts-Kopfweh.» Apropos Harry Potter: An welcher Art von Kopfschmerzen der Zauber selbst litt, ist bis heute nicht geklärt. Nadelscharfe Schmerzen, wie Feuer, explodierend, mit Sehstörungen und Augentränen, manchmal auch mit Erbrechen – Migräne, diagnostizierten drei amerikanische und britische Spezialisten. Sofort widersprachen zwei US-Kinderneurologen, der Schmerztypus weise doch klar auf Nervenschmerzen hin. Vermutlich habe sich an Harry Potters Stirnnarbe ein gutartiger Nerventumor gebildet. Oder litt er an Neuralgie? Zu diesem Schluss kam ein norwegischer Experte. Britische Spezialisten erkannten dagegen eine seltene Bindegewebserkrankung. Wer sich an der Diskussion beteiligen will, sei auf die «International Classification of Headache Disorders» verwiesen. Dort sind alle bisher bekannten Kopfschmerzarten aufgelistet, vom Kopfschmerz bei Schilddrüsenunterfunktion bis zur «Hemicrania continua».
Dasselbe wie Müks. MOH ist die englische Abkürzung für «medication
overuseheadache». Auf Deutsch:Medikamenten-Übergebrauch-Kopfschmerz, also Müks. Das bedeutet, dass die Schmerzmittel die Kopfschmerzen verursachen. MOH oder Müks sind aber nicht zu verwechseln mit einer Nebenwirkung. Zum Beispiel verursachen Medikamente wie Viagra für die Potenz, Östrogene in der Anti-Baby-Pille oder Nifedipin gegen Angina pectoris oft Kopfweh als Begleiterscheinung.Viele Betroffene wissen nicht, dass es einen Medikamenten-Übergebrauch-Kopfschmerz gibt. Weil sie nicht merken, dass ihr Kopfschmerz durchs Schmerzmittel verursacht wird, nehmen sie immer weiter und öfter Schmerzmittel – und verschlimmern dadurch ihre Kopfschmerzen.
Bei manchen Patienten genügt es, sie zu beraten und anzuleiten. Andere brauchen einen stationären Entzug, psychologische Betreuung, andere Medikamente und/oder nicht medikamentöse Therapien wie Biofeedback und Ausdauersport. Bis zu fünf von zehn Betroffenen mit MOH erleiden einen Rückfall.
Cluster-Kopfschmerzen gehören zu den trigeminoautonomen Kopfschmerzen. Unter diesem Zungenbrecher werden fünf Kopfschmerzsyndrome zusammengefasst, wobei die Cluster-Kopfschmerzen das bekannteste sind. Gemeinsam sind diesen Kopfschmerzen die (meist) kurz dauernden, heftigen Schmerzattacken und die Begleitsymptome: Tränenfluss, gerötete Augen, geschwollene Augenlider, eine laufende, verstopfte Nase und gerötete Haut an der Stelle des Schmerzes. Der Cluster-Kopfschmerz äussert sich mit streng einseitigen, sehr starken Attacken im Bereich der Augen. Diese können zwischen 15 Minuten und 3 Stunden dauern.
Die Ursachen von Cluster-Kopfschmerzen liegen im Dunkeln. Eine genetische Veranlagung kann eine Rolle spielen oder auch Rauchen. Vermutlich liegt das Problem aber primär im Hypothalamus. Dieser wichtige Bereich im Zwischenhirn steuert viele Vorgänge im Körper: Temperatur, Hunger, Blutdruck, Schlafrhythmus, Sexualität und anderes mehr. Zu dieser These passt, dass Cluster-Kopfschmerzen sich zu gewissen Zeiten häufen. Möglicherweise kommt es zu einer Aktivierung des Hypothalamus und als Folge dessen zu einer Reizung eines Trigeminusnervs sowie des autonomen (parasympathischen) Nervensystems. Eine andere Theorie macht Entzündungsvorgänge im Bereich bestimmter Venen im Kopf verantwortlich.
Der englische Begriff «Cluster» bedeutet übersetzt «Häufung». Die Kopfschmerzattacken treten typischerweise während ein paar Wochen oder Monaten – vor allem im Frühling und im Herbst – gehäuft auf, bevor sie wieder für Monate oder gar Jahre verschwinden. Oft treten die Schmerzen auch zur gleichen Stunde auf. Über die Hälfte der Betroffenen leidet in den frühen Morgenstunden oder ein bis zwei Stunden nach dem Einschlafen. Im schlimmsten Fall ereignen sich innerhalb eines Tages acht oder mehr Schmerzattacken. Wer sich an der Forschung zu den Auslösern von Cluster-Kopfschmerzen beteiligen möchte, kann die «Clura – Kopfschmerz- Radar-App» herunterladen und seine Anfallsdaten eingeben.
Der Cluster-Kopfschmerz ist selten. Weniger als ein Prozent der Bevölkerung erleben innerhalb eines Jahres eine Attacke. Sie können in jedem Lebensalter auftreten, beginnen aber am häufigsten im Alter von 20 bis 40 Jahren. Die Schmerzattacken können Betroffene ein Leben lang begleiten. Allerdings lässt der Schmerz bei einigen im höheren Alter nach. Männer sind etwa dreimal so häufig betroffen wie Frauen. Frauen dagegen sind bei der Hemikranie in der Überzahl. Dieser sehr heftige, attackenartige einseitige Kopfschmerz spricht – im Gegensatz zum Cluster-Kopfschmerz – aber auf das Schmerzmittel Indometacin an. Bei manchen Betroffenen wird die Hemikranie durch Alkoholgenuss oder auch durch Kopfdrehungen ausgelöst.
Vier von fünf Patienten hilft es, reinen Sauerstoff einzuatmen. Ausserdem werden Triptane als Spritze oder Nasenspray eingesetzt. Auch das lokale Betäubungsmittel Lidocain kann – in der Nase angewendet – helfen. Möglicherweise reduzieren die gegen Migräne entwickelten Galcanezumab-Spritzen die Zahl der Cluster-Anfälle, wie eine Studie zeigte. Dieses neue Medikament ist dafür aber bis jetzt nicht zugelassen.