Von Karl Wild
Fast 40 Millionen Logiernächte wurden im vergangenen Jahr verbucht. So viel wie nie zuvor in der Geschichte des Schweizer Tourismus. Auch die Wintersaison lief hervorragend an. Noch Ende Februar deutete alles auf ein erneutes Rekordergebnis hin. Dann kam das Coronavirus und traf die Schweizer Hotellerie mitten ins Herz. Ohne Vorwarnung stand die Branche in der grössten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Phase der Wiederbelebung wird beschwerlich sein. Matchentscheidend ist, wie gut es jetzt gelingt, einheimische Gäste für Ferien im eigenen Land zu begeistern.
Vieles spricht für die Schweiz
Triftige Gründe, das Geld im eigenen Land mit all seinen Schönheiten auszugeben, gibt es zuhauf. Das liegt einerseits an den Unsicherheiten im Ausland, anderseits an der Schweizer Hotellerie. Im Luxussegment ist die Schweiz weltweit führend. Aber auch in der Breite wurden in den vergangenen zehn Jahren dank Investitionen in zweistelliger Milliardenhöhe enorme Fortschritte gemacht. Über alles gesehen ist die Schweizer Ferienhotellerie in den Bereichen Leistung und Qualität den direkten Konkurrenten in Österreich, Südtirol und Süddeutschland mittlerweile um etliche Nasenlängen voraus. Fakt ist zudem, dass die Schweiz auch im Service die bestausgebildeten Leute hat, sowohl fachlich wie mit Blick auf die Mehrsprachigkeit. Wer das bezweifelt, hat schon lange keine Ferien mehr im eigenen Land verbracht. Und was die Preise angeht, besteht erst recht kein Grund, ins nahe Ausland zu fahren. Die Konkurrenz ist teurer geworden, die Schweiz günstiger. Noch nie war hier das Preis-Leistungs-Verhältnis so exzellent wie heute. Für die 125 besten Hotels im Land gilt das erst recht.
Drei neue Kategoriensieger
Bestes Ferienhotel ist erneut das Castello del Sole in Ascona. Bei den Stadthotels verteidigte The Dolder Grand die Spitze genauso souverän. Erstmals überhaupt aber gab es gleich drei neue Kategoriensieger: Der Vitznauerhof in Vitznau ist die Nummer eins bei den Nice-Price-Ferienhotels, das Grand Resort Bad Ragaz ist top bei den Wellnesshotels und das Märchenhotel Braunwald ist erstmals das beste Hotel für Familienferien. Als Hotel des Jahres wird das Suvretta House in St. Moritz ausgezeichnet. Hotelier des Jahres ist Jean-Yves Blatt (The Chedi Andermatt). Koch des Jahres ist Heinz Rufibach (Grand Hotel Zermatterhof). Concierge des Jahres ist Sylvie Gonin (Beau-Rivage Palace, Lausanne-Ouchy). Newcomer des Jahres ist Maximilian von Reden (Schweizerhof Bern & Spa). Aufsteiger des Jahres ist Simon Spiller (Eden Roc, Ascona). Das Comeback des Jahres gab Philippe Frutiger (Giardino Mountain, St. Moritz-Champfèr). Der Lifetime Award schliesslich geht an Hans Wiedemann, einen der ganz Grossen der Schweizer Hotellerie. Ohne ihn gäbe es das Badrutt's Palace in St. Moritz, eines der faszinierendsten Hotels der Welt, nicht mehr.
Viele Häuser, so mutmassen Branchenkenner, müssen Ende Jahr für immer die Lichter löschen. Selbst einige der 125 Besten sind gefährdet. Eine touristische Reservearmee, bestehend aus einheimischen Gästen, könnte jetzt Wunder vollbringen. Die helvetische Hotellerie, die sich gerade so bravourös aus der letzten Krise herausgekämpft hat, hätte es verdient.