Hochwasser und Erdrutsche: Steht Ihr Haus in einem Gefahrengebiet?

Die Schweizer Seen und Flüsse sind randvoll, die Böden vom Dauerregen gesättigt. Die Gefahrenkarte zeigt, ob an Ihrem Wohn- oder Ferienort Hochwasser oder Erdrutsche drohen.

Patrick Meier, Duc-Quang Nguyen, Dominik Balmer, Dominique Botti, Sylvain Besson, Oliver Zihlmann, Sebastian Broschinski
Aktualisiert am 26. Juli 2020

Die Karte gibt ein umfassendes Bild der Naturgefahrenlage. Sie basiert auf den offiziellen Gefahrenkarten, welche die Kantone für praktisch alle Gemeinden erstellen. Dort sind die betroffenen Gebiete für die vier Gefahrentypen genau ausgewiesen.

Für dieses Online-Tool wurden die Kantonskarten systematisch zusammengetragen (ausser Ob- und Nidwalden, die nicht teilnehmen wollten). Sie können damit nun gezielt nach Adressen suchen oder Ihr Haus und Ihre Nachbarschaft neu auf alle vier Gefahrenbereiche prüfen.

Es zeigt sich, dass total 300’000 Gebäude in der Schweiz in einem Gefahrengebiet liegen. Schätzungsweise 1,2 Millionen Menschen leben dort. Über 70’000 von ihnen in Bereichen mit der höchsten Gefährdungsstufe. Und mit dem Klimawandel wird die Zahl der Extremereignisse in der Schweiz laut Experten noch zunehmen.

Gefahrenkarten werden meistens nur für Siedlungsgebiete erstellt. Ausserhalb der Siedlungsgebiete können auch Gefahren auftreten, welche aus der nachfolgenden Karte nicht ersichtlich werden. Auf die Darstellung von Gebieten mit einer sehr tiefen Gefahr (sogenannte «Restgefahr») wurde verzichtet. In jedem Fall sind die Original-Gefahrenkarten der Kantone ausschlaggebend. Diese sind für alle Kantone auch online einsehbar (siehe Links in den Quellenangaben am Ende des Artikels).
Legende
Gefahrenstufen
 GeringMittelErheblich
Hochwasser
Lawinen
Erdrutsch
Felssturz
Stand der Erfassung
nicht erfasst
teilweise erfasst / in Bearbeitung
vollständig erfasst / nicht nötig
Die noch nicht oder teilweise erfassten Gebiete werden in der Karte angezeigt, wenn eine einzelne Gefahr ausgewählt ist.
Adresse suchen
30 km
© Gefahrenkarten der jeweiligen Kantone

Das bedeuten die Gefahrengebiete

In der Karte sind drei verschiedene Gefahrenstufen eingezeichnet: erheblich, mittel und gering. Auf die Darstellung von Gebieten mit sehr tiefer Gefährdung (sogenannter Restgefährdung) wurde verzichtet. Ebenfalls nicht dargestellt werden Gefahrenhinweisgebiete. In diesen können bestimmte Gefahren möglicherweise auftreten, sie liegen jedoch normalerweise ausserhalb der besiedelten Gebiete.

Erheblich bedeutet, dass Personen sowohl innerhalb als auch ausserhalb von Gebäuden gefährdet sind. Mit der plötzlichen Zerstörung von Gebäuden ist zu rechnen. In solchen Gebieten werden keine neuen Bauten mehr erlaubt. Sind ausgeschiedene Bauzonen noch unbebaut, werden sie umgezont. Bestehende Bauten werden in der Regel stehen gelassen. Das Risiko darf aber durch Erweiterungen oder Umnutzungen nicht erhöht werden. Nutzungsbeschränkungen sind möglich, insbesondere bei sensiblen Objekten wie Schulen, Spitälern oder Campingplätzen. (Farbe in den offiziellen Gefahrenkarten der Kantone: Rot)

Mittel bedeutet, dass Personen innerhalb von Gebäuden kaum gefährdet sind. Ausserhalb jedoch schon. Mit Schäden an Gebäuden ist zu rechnen. Solche Gebiete werden möglichst nicht neu bebaut. Und wenn, dann nur mit Auflagen. Sensible Objekte wie Schulen, Spitäler oder Campingplätze dürfen nicht neu erstellt werden. Bei bestehenden Bauten dürfen Nutzungsbeschränkungen erlassen werden. (Farbe in den offiziellen Gefahrenkarten der Kantone: Blau)

Gering bedeutet, dass Personen kaum gefährdet sind. Erhebliche Sachschäden können jedoch auftreten. Gesetzliche Auflagen gibt es nur für sensible Objekte wie Schulen, Spitäler oder Campingplätze. Sie sollten in solchen Gebieten nur mit grosser Zurückhaltung gebaut werden. (Farbe in den offiziellen Gefahrenkarten der Kantone: Gelb).

So wird bestimmt, wo die Gefahrengebiete liegen

Ob ein Gebiet als gefährdet eingestuft wird, hängt davon ab, wie häufig und mit welcher Intensität Ereignisse wie Überschwemmungen oder Lawinen auftreten. Die Einteilung erfolgt anhand eines Intensitäts-Wahrscheinlichkeits-Diagramms:
Intensität:
Langsame Prozesse wie der steigende Pegel eines Sees nach lang anhaltenden Niederschlägen sind für Menschen tendenziell weniger gefährlich als sogenannte «brutale» Ereignisse, die ohne grosse Vorwarnzeit auftreten können. Beispiele für brutale Prozesse sind ein Felssturz oder ein Gebirgsbach, der nach einem lokalen Gewitter plötzlich über die Ufer tritt. Brutale Prozesse werden daher tendenziell als gefährlicher beurteilt als langsame.
Wahrscheinlichkeit:
Beim Erstellen von Gefahrenkarten wird unterschieden zwischen Ereignissen, die voraussichtlich alle 30, 100 oder 300 Jahre eintreten. Eine Zone kann auch dann als erheblich gefährdet eingestuft werden, wenn ein bestimmtes Ereignis nur alle 300 Jahre auftritt.

Das ist bei Gefahrenkarten ausserdem zu beachten

Gefahrenkarten können sich über die Zeit verändern. Wird in einem Bereich zum Beispiel ein Hochwasserschutzprojekt realisiert, kann das dazu führen, dass ein Gefahrengebiet herabgestuft oder ganz gestrichen wird. Dank neuer Messtechniken ist es aber auch möglich, dass neue Gebiete plötzlich als gefährdet erkannt werden. Noch bis vor wenigen Jahren wurden Gutachten zu Naturgefahren vor allem mittels Expertenbegehungen vor Ort gemacht. Inzwischen werden auch Computermodelle beigezogen.

Keinen Einfluss auf die Einteilung nach Gefährdungsstufen hat die Nutzung eines Grundstücks. Auch spezifische Schutzmassnahmen nur für ein bestimmtes Gebäude beeinflussen die Einteilung nicht.

Die schweizweite Gefahrenkarte von Tamedia basiert auf den gegenwärtig verfügbaren Gefahrenkarten der Kantone.

Schutzbauten, für die in der Regel die Gemeinden zuständig sind, fliessen teilweise mit einigen Jahren Verzögerung in die Karte ein. Es ist also möglich, dass in der hier vorliegenden Karte einzelne Gefahrenzuordnungen nicht mehr aktuell sind, weil die Kantone Änderungen noch nicht veröffentlicht haben.

Hinweise an die Redaktion
Leben Sie in einem Gefahrengebiet? Wissen Sie von stark gefährdeten sensiblen Objekten? Ihren Hinweis nimmt das Daten-Team gern entgegen unter daten@tamedia.ch