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Unsere Streaming-Tipps für diesen Monat

Die besten Serien und Filme, die Sie jetzt streamen können. Auf Netflix, aber nicht nur.

Kulturredaktion
Aktualisiert am 24. November 2022

Trevor Noah: I Wish You Would

Stand-up-Special von David Paul Meyer, USA 2022, 60 min.
Film
Vor kurzem hatte der schweizerisch-südafrikanische Komiker unerwartet in der «Daily Show» verkündet, dass er aufhören werde, seine tägliche Satire-Sendung zu moderieren. Das war fast schon frech, was man von seinem Netflix-Special «I Wish You Would» nicht unbedingt behaupten kann. Noah-Fans kennen das Material weitgehend, es dreht sich um die Schweiz (kurz), den Tod der Queen und die Corona-Pandemie (eher lang) sowie einen Besuch in einem indischen Restaurant in Edinburgh (sehr lang). Noah hat ein sicheres Gespür für Rhythmus und Dramaturgie, und wie viel er von der Witztechnik versteht, merkt man daran, dass er nach einer Pointe mühelos noch einen draufsetzen kann. Dass er sich aber derart darauf verlässt, Akzente nachzumachen – das muss man mögen. (blu)
Leserbewertung
ø 4.0
(1 Bewertung)
Wie gefällt Ihnen der Film?

A Chiara

Mafiadrama von Jonas Carpignano, I/F/S/Dä 2021, 121 Min.
Film
Man merkt schnell, dass Regisseur Jonas Carpignano die Menschen und Orte kennt, die er in seinem mittlerweile dritten Film über das Leben in Kalabrien porträtiert. Waren es zuvor die afrikanische Gemeinschaft («Mediterranea») und die Roma («A Ciambra»), nähert er sich nun der Mafia in der Stadt Gioia Tauro. Von der Realität gesättigte Fiktion ist das, «A Chiara» wagt sich aber auch an traumhafte Bilder. Etwa dann, wenn der Vater der 16-jährigen Chiara (Swamy Rotolo) eines Abends einfach so übers Garagendach verschwindet. Was hat er zu verbergen? Der Film schafft etwas, was nicht immer gelingt, nämlich dass Wirklichkeit und Erfindung aufs Intensivste zusammenkommen. (blu)
Leserbewertung
ø 5.0
(2 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen der Film?

1899

Mysteryserie von Jantje Friese und Baran bo Odar, D 2022, 8 Folgen
Serie
Geisterhäuser sind unheimlich, Geisterschiffe jedoch unheimlicher – bewegen sie sich doch auf Ozeanen, die mit ihren riesigen Weiten und undurchdringlichen Tiefen einen ganz eigenen Schrecken verbreiten. Daraus zieht auch die Mysteryserie «1899» ihre Atmosphäre. Sie dreht sich um einen Ozeandampfer voller europäischer Auswanderer, die Ende des 19. Jahrhunderts nach New York wollen. Unterwegs empfängt die Crew ein Signal – es stammt von einem Schwesternschiff, das vor Monaten spurlos verschwunden ist. Tatsächlich finden sie es, doch scheint es menschenleer zu sein. Unter der Führung des Kapitäns geht ein Trupp an Bord. Es geschehen viele seltsame Dinge, alle Figuren haben Geheimnisse und die Bilder sind oft stockduster. «1899» trägt also ganz schön dick auf, ähnlich wie «Dark», die Vorgängerserie der Showrunner Jantje Friese und Baran bo Odar. Aber gruselig ist das alles halt schon. (ggs)
Leserbewertung
ø 3.5
(5 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen die Serie?

The Crown

Dramaserie von Peter Morgan, UK 2022, 10 Folgen
Serie
Die neuen Folgen spielen in den 90er-Jahren, einem der katastrophalsten Jahrzehnte in der jüngeren Geschichte des britischen Königshauses. Die Ehe von Charles und Diana liegt in Trümmern, die zweier anderer Kinder der Queen auch, Schloss Windsor brennt, und dufte finden die Briten die Monarchie auch nicht mehr. Die Königin spricht in ihrer Rede zum 40. Thronjubiläum von 1992 als «Annus horribilis». Das Schreckensjahr, in dem die Krone in deep shit ist. Und das ist erst der Anfang. Bei «The Crown» werden alle zwei Staffeln die Hauptrollen neu besetzt, somit auch in der fünften und sechsten Staffel, danach soll Schluss sein mit der Serie. Nun spielt Imelda Staunton mit angestrengter Miene die Queen, als jovialer Gemahl Prinz Philip tritt Jonathan Pryce ins Bild. Prinz Charles ist der geschmeidige Dominic West; Elizabeth Debicki gibt eine gebrochene, manchmal maliziöse Diana. Die meisten Royals werden diesmal nicht sehr schmeichelhaft dargestellt, die Queen eingeschlossen. Denn die Wahrheit in den 90ern war, dass Elizabeth II. nicht auf dem Höhepunkt ihrer Beliebtheit stand. Die Wahrheit inspiriert also die Serie, und die klatscht noch ein wenig Sahne obendrauf. (SZ)
Leserbewertung
ø 4.0
(60 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen die Serie?

Enola Holmes 2

Kriminalfilm von Harry Bradbeer, USA 2022, 129 Min.
Film
Eine Einladung zum Ball, und das auch noch von ihrem heimlichen Schwarm Lord Tewksbury. Enola Holmes müsste verzückt jauchzen, wie man das eben so macht als Londonerin, die Ende des 19. Jahrhunderts etwas auf sich hält. Doch die jüngere Schwester des Meisterdetektivs Sherlock Holmes verzieht das Gesicht. «Ich muss zu einem Ball», stöhnt sie entnervt in die Kamera. Die 17-Jährige hat so gar kein Interesse an viktorianischen Gesellschaftszwängen, sondern strebt eine eigene Karriere als Detektivin an. Ihren ersten Fall hat sie schon gelöst, will nun richtig durchstarten – und dafür muss sie die Einladung zum Tanz annehmen, um Informationen einzuholen. Millie Bobby Brown spielt Enola Holmes zum zweiten Mal und ist spätestens seit der Netflix-Serie «Stranger Things» ein internationaler Star. Für die Fortsetzung bekam sie die stolze Gage von zehn Millionen Dollar – die höchste Summe, die ein Star unter 20 jemals vor einem Dreh ausgehandelt hat. Der zweite Teil hat zwar ab und an Längen, doch wurde ausgebaut, was im ersten Teil so gut funktioniert hat: Immer wieder bricht Enola die vierte Wand und wendet sich vertrauensvoll plappernd ans Publikum. (SZ)
Leserbewertung
ø 4.0
(78 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen der Film?

The White Lotus, 2. Staffel

Comedyserie von Mike White, USA 2022, 7 Folgen
Serie
Die erste Staffel von Mike Whites Sozialsatire war nicht nur populär, sondern auch bei der Kritik ein Erfolg. Sie musste also schleunigst fortgesetzt werden, und das Resultat kann sich sehen lassen: Statt auf Hawaii urlaubt nun eine Ansammlung von amerikanischen Touristen im Luxusresort auf Sizilien. Jennifer Coolidge ist wieder dabei in der Rolle einer maximal emotional bedürftigen Milliardärin, die auch in den Ferien von einer jungen Assistentin begleitet wird. Zwei Paare – die Männer sind im Techgeschäft reich geworden – beargwöhnen sich gegenseitig und gönnen sich nichts. Drei Generationen von Italoamerikanern sind zugegen, es ist quasi eine Studie in verblassendem Machismo. Abgesehen davon, dass die zweite Staffel gewisse Konstellationen und teils sogar einzelne Wendungen aus der ersten wiederholt, ist sie erneut ein Heidenspass: Keiner beschreibt so smart die Lebenslügen der Vermögenden wie Autor Mike White. (Sex, Essen – und der grosse Ferienfrust: Wie neue TV-Serien Italien inszenieren) (blu)
Leserbewertung
ø 4.0
(37 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen die Serie?

Die Beschatter

Krimiserie von Michael Steiner, CH 2022, 6 Folgen
Serie
Um seine mageren Finanzen aufzubessern, eröffnet Leo Brand (Roeland Wiesnekker) in Basel eine Detektivschule. Und gewinnt seine Schüler und Schülerinnen bald lieb: So führt er sein neues Team mit Schalk und Sachverstand durch die immer skurriler werdenden Fälle, die bei seiner heruntergekommenen Detektei eingehen. So lautet die Prämisse von «Die Beschatter». Die Basler Drehbuchautorin Simone Schmid («Der Bestatter») liefert damit eine zwiespältige Liebeserklärung an ihre Heimatstadt ab. Weil Leo Brands Büro nicht in der pittoresken Basler Innenstadt, sondern im kargen Hafenviertel steht, hat die sechsteilige Serie einen eher düsteren Gestus. Entsprechend grobkörnig kommen auch die Fälle aus dem Umfeld von Fussball, Filmbranche und Pharmaindustrie daher, die Brand lösen muss. Standortmarketing sieht anders aus. Entscheidend für den grossen Reiz von «Die Beschatter» sind die vielen sympathischen Figuren. Meryl Marty glänzt als die zungenfertige Agotha, die sich bei Leo Brand in der Hoffnung einschreibt, dass sie als Detektivin ihre verschollene Mutter wiederfinden wird. Dardan Sadik ist als der verletzliche Secondo Milan für die emotionalen Zwischentöne verantwortlich. (nj)
Leserbewertung
ø 3.0
(141 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen die Serie?

The Good Nurse

Drama von Tobias Lindholm, USA 2022, 121 Min.
Film
Charlie Cullen war 16 Jahre lang Pfleger in zehn verschiedenen US-amerikanischen Krankenhäusern, bevor ihm das serienmörderische Handwerk gelegt werden konnte. Warum das so lange dauerte, zeigt nun «The Good Nurse», ein Film, der zunächst von einer ungewöhnlichen Freundschaft erzählt: Cullen (Eddie Redmayne) sucht in einem Spital in New Jersey die Nähe zu seiner herzkranken Kollegin Amy (Jessica Chastain), die es sich als unversicherte Alleinerziehende nicht leisten kann, sich operieren zu lassen. Zugleich häufen sich die Todesfälle im Spital. Doch die Ermittler kommen nicht weiter, weil das Risikomanagement des Krankenhauses kaum Unterlagen rausrückt. Man könnte also sagen, dass dieser Thriller vor allem auf das US-Gesundheitssystem zielt, es ist aber auch eine menschliche Belastungsprobe: Wie sich das Duo Chastain/Redmayne von unbeschwerter Hilfsbereitschaft in gegenseitiges Misstrauen reinsteigert, zeugt jedenfalls von exzellenter Schauspielkunst. (zas)
Leserbewertung
ø 4.5
(77 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen der Film?

The Peripheral

Science-Fiction-Serie von Scott Smith, USA 2022, 8 Folgen
Serie
«Heilige Scheisse!», entfährt es Flynne (Chloë Grace Moretz). «Es ist, als wär ich wirklich dort.» Als talentierte Gamerin erhält sie die Chance, ein experimentelles Headset zu testen. Das Gerät stimuliert direkt ihre Hirnströme und gibt ihr den Eindruck, sie würde im Körper eines Mannes Abenteuer à la James Bond erleben. Die Firma, die dahintersteckt, ist allerdings ziemlich mysteriös. Und dann erhält Flynne aus dem Nichts einen Anruf: «Sie befinden sich in grosser Gefahr!» Amazon hat diese Serie in Auftrag gegeben; Vorlage ist William Gibsons gleichnamiger Roman von 2014. Die Verantwortung tragen die Produzenten der «Westworld»-Serie, entsprechend geht es einmal mehr um künstliche Menschen, die von echten kaum zu unterscheiden sind. Bei diesen Peripherals handelt es sich um Roboter-Avatare, die über Headsets gesteuert werden. Wie Flynne vom Anrufer erfährt, ist das virtuelle London, in dem sie sich bewegt hat, in Wahrheit absolut echt. Aber wie kann es dann sein, dass es dort elektrische Strassen und gigantische Hochhäuser hat, die wie Statuen geformt sind? «The Peripheral» ist sicher nicht so bahnbrechend wie es Gibsons Cyberpunk-Bücher und ihre Verfilmungen in den Achtzigern waren, taugt aber als unterhaltsame Actionserie. Zimperlich ist sie nicht: Bereits in der ersten Folge erleben wir mit, wie jemandem ein Auge herausoperiert wird. (ggs)
Leserbewertung
ø 4.5
(32 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen die Serie?

The Mole

Reality-Serie, USA 2022, 10 Folgen
Serie
Eine Gruppe erspielt in verschiedenen Prüfungen möglichst viel Geld, das am Ende aber nur eine Person kriegt. Es gibt unter ihnen einen Verräter, der Prüfungen sabotiert; in jeder Folge müssen die Teilnehmer 20 Multiple-Choice-Fragen beantworten, die mit dem Störenfried zu tun haben. Wer am wenigsten richtig beantwortet, fliegt raus - es gibt deshalb auch den Ansporn, den Verdacht auf sich zu lenken. Die Zuschauer grübeln also nicht nur, wer der Maulwurf sein könnte, sie grübeln auch: Was würde ich tun? Heimlicher Star ist Moderatorin Alex Wagner, weil sie nicht gewollt witzig daherkommen will wie die meisten Reality-Show-Gastgeber. Sie stellt sich nicht in der Vordergrund und ist dennoch das Zentrum des Wettkampfs. Sowieso: Es geht nicht ums Selbstdarstellen, sondern ums Gewinnen. (SZ)
Leserbewertung
ø 3.5
(9 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen die Serie?

Nope

Horror von Jordan Peele, USA 2022, 131 Min.
Film
Was ist «Nope» genau? Ein Horrorschocker, wie es beim Regisseur von «Get Out» und «Us» zu erwarten ist? Ein Film über Rassismus wie stets bei Jordan Peele? Ein Sommerblockbuster im Stil von Spielbergs «Jaws», weil darin ein unfassbarer Gegner sein Unwesen treibt? Ein Western, weil Pferde durch die weite Landschaft traben? Oder gar eine Studie übers Kino, weil es auch darum geht, wie etwas filmisch festgehalten werden kann? Nein, möchte man antworten, nichts von alledem, auch wenn alles vorkommt. Vor allem ist «Nope» ein eigenständiges, manchmal auch eigensinniges Spektakel, das bestens unterhält: Daniel Kaluuya spielt einen Pferdezüchter, der es besser mit Tieren kann als mit Menschen. Keke Palmer, eine ehemals berühmte Kinderdarstellerin, ist dessen extrovertierte Schwester. Nach dem Tod des Vaters übernehmen die beiden dessen Pferderanch. Sie werden aber bald mit Ereignissen konfrontiert, die in den Wolken am Himmel längst vorgezeichnet waren. Wenn es nur jemand gesehen hätte. Das klingt kryptisch, aber mehr zu verraten wäre schade. Im Film gibts viele Anspielungen, viele bizarre Dinge. Diese Vielfalt macht Lust, den dritten Film von Jordan Peele nach dem Ende gleich noch einmal zu schauen. Nicht ohne vorher zu «Nope» ein grosses Ja gerufen zu haben. (ml)
Leserbewertung
ø 3.0
(33 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen der Film?

The Bear

Dramaserie von Christopher Storer, USA 2022, 8 Folgen
Serie
Eine Küche als Ort der Trauer? Kennen alle, denen schon einmal eine Sauce bös missglückt ist. Die schwer unterhaltsame Serie auf Disney+ zielt tatsächlich auf eine Art Traumatherapie am Herd, wenn der Sternekoch Carmen «Carmy» Berzatto (Jeremy Allen White) nach dem Selbstmord seines älteren Bruders nach Chicago zurückkehrt, um dessen Schnellrestaurant weiterzuführen. Statt Consommé bereitet Carmen jetzt Roastbeef-Sandwiches zu und verzweifelt schier an seinem plappernden Team, das nicht verstehen will, was eine Brigade de cuisine sein soll. Das hohe Tempo und die Unmittelbarkeit der Form – gern auch mit Plansequenzen – machen aus «The Bear» ein mehr als solides Familiendrama: Die Frage, ob Risotto wirklich ein geeignetes Takeaway-Gericht darstellt, hat hier ebenso eine Bedeutung wie der (männliche) Umgang mit Trauer an einem Ort, an dem in erster Linie herumgebrüllt und blöd gescherzt wird. (blu)
Leserbewertung
ø 4.5
(49 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen die Serie?

The Playlist

Wirtschaftsdrama von Christian Spurrier und Luke Franklin, Schweden/UK 2022, 6 Folgen
Miniserie
In sechs Folgen erzählt die schwedische Miniserie die Geschichte von Spotify. Genauer: Sie erzählt sechs Varianten dieser skandinavischen Tech-Erfolgsgeschichte, die sich gegenseitig torpedieren. Immer wieder begegnen wir Szenen, die wir bereits gesehen haben. Jedenfalls so ähnlich. Aber entweder hat derjenige, der sie zuerst erzählt hat, etwas weggelassen oder erinnert sich anders an den Wortlaut eines Gesprächs. Welche Fassung ist korrekt? Eine? Keine? Alle? «The Playlist» schickt die Figuren und gleichermassen das Publikum stets aufs Neue in den Maschinenraum dieser Geschichte: Die Serie spielt weitgehend in Kellern, Konferenzräumen und auf Fluren, die ebenfalls aussehen, als wären sie nur Varianten des immer gleichen langen Ganges. Und dort überall, an diesen funktionalen Orten, wird der Geschichte ihr Glamour so lange ausgetrieben, bis darin kein Platz mehr ist für all die Mythen, die eine solche gigantische unternehmerische Erfolgsgeschichte gemeinhin umwehen. Übrig bleiben schliesslich die handelnden Personen. Entblösst bis auf ihre Macken und irren Träume. (SZ)
Leserbewertung
ø 4.5
(41 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen die Miniserie?

Dahmer

Krimi-Horrorserie von Ryan Murphy und Ian Brennan, US 2022, 10 Folgen
Serie
Der vollständige Titel der Netflix-Hitserie lautet «Dahmer – Monster: The Jeffrey Dahmer Story». Es geht also, wie durch die Doppelung wirklich jeder versteht, um jenen Mann, der in den Jahren 1978 bis 1991 insgesamt 17 Morde beging, meist an schwarzen, schwulen jungen Männern. Einige seiner Opfer ass er anschliessend. Die Fernsehkameras waren damals dabei, als Männer in weissen Plastikanzügen die Säuretonne aus der Wohnung trugen, in der er die Überreste auflöste. Die Serie betreibt geschickt das Spiel, die Schnapsfüllung aus hässlichem Voyeurismus mit einem Schokomantel gesellschaftlicher Analyse zu umhüllen. In der zweiten Hälfte erzählt sie von der Rolle der Polizei, die sich zunächst nicht dazu bequemen konnte, den Morden halbwegs engagiert nachzugehen, von den schwarzen Nachbarn, deren Hinweise die Behörden ignorierten. Ein bisschen Exploitation schwarzer Leiber also, ein bisschen schwarzes Empowerment. Für jeden was dabei. Dazu gutes Schauspiel: Evan Peters' Blick, in der Rolle des jungen Jeffrey Dahmer, kriecht einem kalt unter die Haut, um im nächsten Moment zu dem eines ausgesetzten Welpen zu werden. (SZ)
Leserbewertung
ø 3.5
(93 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen die Serie?

This England

Miniserie von Michael Winterbottom, UK 2022, 6 Folgen
Miniserie
Ausgerechnet Shakespeare-Fachmann und zwischenzeitlicher Marvel-Regisseur Kenneth Branagh spielt uns den ehemaligen britischen Premier Boris Johnson in dieser ausgesprochen aktuellen Miniserie von Michael Winterbottom («The Trip»). Die Besetzung passt perfekt: «This England» erzählt, wie Johnson ab Anfang 2020 versucht, die Corona-Pandemie in den Griff zu kriegen und bald selbst auf der Intensivstation liegt. Branagh kriegt Johnsons Gefuchtel und seinen stotternden Charme grandios hin; sein Boris ist mal jovialer Schelm, mal überforderter Chef. Fast kriegt man ihn ein wenig lieb in dieser zackigen Serie, die aus verschiedenen Perspektiven auf die Auswirkungen der Pandemie schaut, mit besonderem Blick aufs Gesundheitswesen. Da will «This England» viel auf einmal sein: Systemdiagnose und Krisenbericht, Office-Komödie und Skizze von menschlichen Tragödien. Ganz zusammen fügt sich das nicht, aber wenn Kenneth Branaghs Boris wieder wie ein abgehalfterter Fussballtrainer durch die Gänge von Downing Street buckelt, ist das ein Genuss. (blu)
Leserbewertung
ø 3.5
(18 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen die Miniserie?

Catherine Called Birdy

Komödie von Lena Dunham, USA 2022, 108 Min.
Film
«Catherine Called Birdy» ist eine Coming-of-Age-Komödie, die im 13. Jahrhundert spielt. Und ja, inszeniert hat diesen Feelgood-Film tatsächlich Lena Dunham («Girls») – hinreissend liebevoll, witzig und modern. Genauer betrachtet, verlässt die 36-jährige Filmemacherin ihr bekanntes Terrain aber nur wenig. Die für Dunham so typische Erzählstimme, ihre Haltung, der spitze Humor – all das ist immer noch da. Wir folgen der charismatischen vierzehnjährigen Titelheldin, es ist das Jahr 1290, und Lady Catherine, von allen nur Birdy genannt, ist gerade am heiklen Scheitelpunkt zum Erwachsensein angekommen. Da Birdy nun offiziell im heiratsfähigen Alter ist, will der mittellose Vater so schnell wie möglich eine rentable Ehe arrangieren. Das wiederum ist aber so ziemlich das letzte, was die Tochter will. Birdy ist laut und rebellisch, sie hat ihre eigene, wenn auch naive Vorstellung von ihrem Recht auf Unabhängigkeit. Gespielt wird Birdy mit unbändiger Energie von «Game of Thrones»-Star Bella Ramsey. Ohne sie würde der Film nur halb so gut funktionieren. Aber auch Dunham hat hervorragende Arbeit geleistet, «Catherine Called Birdy» ist warmherzig und dennoch ganz klar ein Dunham-Film. (SZ)
Leserbewertung
ø 4.0
(12 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen der Film?

Argentina, 1985

Gerichtsdrama von Santiago Mitre, ARG/USA/UK 2022, 140 Min.
Film
Ist das jetzt Slapstick im Angesicht des Grauens? Der argentinische Staatsanwalt Julio Strassera (Ricardo Darin) kann sich Namen schlecht merken. Oft hat er keine Ahnung, was seine Frau und sein Nachwuchs so treiben. Und dann hat er noch ein grössere berufliche Aufgabe, die seine Kräfte offenbar übersteigt: Strassera wird beauftragt, die Verantwortlichen der blutigen Militärdiktatur (1976-1983) vor Gericht zu belangen. Seinen Anwaltskollegen ist die Sache viel zu heikel, deshalb müssen Strassera und sein Assistent Luis Moreno Ocampo (Peter Lanzani) umgehend ein unerfahrenes Jungteam rekrutieren, das in Rekordzeit Beweise heranschaffen soll. Regisseur Santiago Mitre gelingt das Kunststück, dieses Justizdrama realitätsnah zu erzählen und trotzdem augenzwinkernd zu bleiben. (zas)
Leserbewertung
ø 4.0
(8 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen der Film?

Pistol

Doku-Drama-Serie von Danny Boyle, UK2022, 6 Folgen
Miniserie
Regisseur Danny Boyle geht zurück zu den Ursprüngen des Punk: «Pistol» zeichnet den schnellen Aufstieg und den ebenso schnellen Zerfall der Sex Pistols nach. Für einmal stehen jedoch nicht Frontmann Johnny Rotten oder Enfant Terrible Sid Vicious im Mittelpunkt, sondern Gitarrist Steve Jones, auf dessen Memoiren die sechsteilige Miniserie basiert. Die herausragenden schauspielerischen Leistungen kommen allerdings von Anson Boon, der Rotten verkörpert, und von Thomas Brodie-Sangster, der den Manager Malcolm McLaren spielt. Eine unterhaltsame, wenn auch manchmal etwas harmlose Serie über die angeblich so gefährlichen Punks. Mit viel Liebe zum Detail. (mmo)
Leserbewertung
ø 4.5
(10 Bewertungen)
Wie gefällt Ihnen die Miniserie?