Die Entwicklung der Gletscher beruht auf einem Berechnungsmodell, das die Prozesse beschreibt, über welche das Eis auf eine Klimaveränderung reagiert (1). Einerseits wird berechnet, wie viel Schnee an jedem Punkt auf dem Gletscher fällt, andererseits wie viel aufgrund von höheren Temperaturen abschmilzt. Schliesslich wird bestimmt, wie sich die Eismasse durch das Fliessen bewegt und verändert. Die Berechnungen werden mit einer Vielzahl von Beobachtungsdaten aus den letzten Jahrzehnten überprüft, sodass realistische Vorhersagen in der Zukunft möglich sind. Obwohl der Ansatz dem aktuellsten Stand der Wissenschaft entspricht, führen nötige Vereinfachungen zu gewissen Unsicherheiten in den Resultaten. Das verwendete Berechnungsverfahren wurde auf alle Gletscher der Schweiz angewandt (2), und fünf Gletscher wurden ausgewählt.
Die Visualisierungen basieren auf einem digitalen Modell der Geländeoberfläche, erstellt vom Bundesamt für Landestopografie (Swisstopo). Zusätzlich wird die aktuelle Ausdehnung der Gletscher verwendet (3). Zuerst werden die Gletscher vollständig entfernt, um das Grundgestein darunter freizulegen. Die Eisdicke ist aus Messungen mit Radar und Modellrechnungen bekannt (4). Mit der Form des eisfreien Untergrunds kann die voraussichtliche Lage zukünftiger Seen und Bäche bestimmt werden. Das Geländemodell wird dann mit einer Luftaufnahme überlagert. Das Bild wird so verarbeitet, dass es Felsen und Wasser anstelle von Schnee und Eis zeigt. Schließlich wird die Gletscheroberfläche, die für jedes Jahr des Zeitraums 2022-2100 berechnet worden ist, in Weiß über dem Gelände hinzugefügt.
Die künftige Entwicklung der Gletscher wird für zwei Klimaszenarien während des 21. Jahrhunderts berechnet. Diese Szenarien wurden vom Weltklimarat definiert. Das optimistische Szenario SSP1-1.9 beschreibt eine Welt, in der die globalen CO2-Emissionen bis etwa 2050 auf netto null gesenkt werden. Damit wird das Ziel des Pariser Abkommens erreicht, die vom Menschen verursachte globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius über den vorindustriellen Temperaturen zu begrenzen. Das pessimistische Szenario SSP5-8.5 zeigt eine Zukunft mit Wirtschaftswachstum, das durch die Verbrennung von Öl, Gas und Kohle angetrieben wird, mit einer prognostizierten weltweiten Erwärmung von 4,4 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts.
(1) Huss, M. and Hock, R. (2015). A new model for global glacier change and sea-level rise. Frontiers in Earth Science, 3:54, doi:10.3389/feart.2015.00054.
(2) Steffen, T., Huss, M., Estermann, R., Hodel, E., and Farinotti, D. (in review). Volume, formation and sedimentation of future glacier lakes in Switzerland. Earth Surface Dynamics Discussions, doi:10.5194/esurf-2022-12.
(3) Linsbauer, A., Huss, M., Hodel, E., Bauder, A., Fischer, M., Weidmann, Y., Baertschi, H. and Schmassmann, E. (2021). The new Swiss Glacier Inventory SGI2016: From a topographic to a glaciological dataset. Frontiers in Earth Science, 9, 774, doi:10.3389/feart.2021.704189.
(4) Grab, M., Mattea, E., Bauder, B., Huss, M., Rabenstein, L., Hodel, E., Linsbauer, A., Hellmann, S., Church, G., Langhammer, L., Schmid, L., Deleze, K, Schaer, P., Lathion, P., Farinotti, D., Maurer, H. (2021). Ice thickness distribution of all Swiss glaciers based on extended ground-penetrating radar data and glaciological modeling. Journal of Glaciology, 1-19, doi:10.1017/jog.2021.55.