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Kann der Bundesrat sein Impfversprechen halten?

Bis Ende Juni sollen alle, die das wollen, mindestens einmal geimpft sein. Ob das klappen kann, zeigt unser Tool.

Andreas Moor, Marc Brupbacher

Der Plan der Schweiz sieht vor, dass bis Anfang April alle Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen die Zweitimpfung erhalten. Bis Ende April sollen alle Personen über 65 Jahre sowie Personen mit chronischen Erkrankungen einen Termin für die Erstimpfung bekommen. Nach den Risikogruppen folgt der Start des Gesundheitspersonals und im Mai der breiten Bevölkerung, in welcher jene Vorrang haben, die mit besonders gefährdeten Personen zusammenleben (zur Impfstrategie des BAG).

Impf-Priorisierung der Bevölkerung
Gesamtbevölkerung: 8,6 Mio.
Abnehmende Priorität ➜
Gesund­heits­personal
0,43 Mio.
 
Übrige Erwachsene
2,93 Mio.
 
Breite Bevölkerung
Besonders gefährdete Personen
2,38 Mio.
 
Kontakte von gefährdeten Personen
1,36 Mio.
 
Unter 18 Jahre
1,54 Mio.
Quelle: BAG

Der Bundesrat und das BAG haben mehrfach als Ziel genannt, bis 30. Juni alle gewillten Bürgerinnen und Bürger mindestens einmal zu impfen und einen Monat später den vollständigen Schutz zu ermöglichen. Ist das wirklich realistisch? Finden Sie mit unserem Tool heraus, welche Bedingungen dafür erfüllt sein müssten.

Wie hoch ist die Impfbereitschaft?

50%
Pessimistisches Szenario
65%
Mittleres Szenario
75%
Max. Zielwert des BAG

Wann beginnt das Impfen für die breite Bevölkerung?

15. Mai
Gemäss BAG sollten die Risikogruppen bis Ende April einfach und bis Mitte Mai grösstenteils vollständig geimpft sein
30. Mai
Szenario bei logistischen Problemen oder Lieferengpässen

Wie viele Personen können ab Mai pro Tag geimpft werden?

50’000
Szenario bei Liefer­engpässen
70’000
Schätzung des BAG von Anfang Jahr
110’000
Umfrage bei den Kantonen, genügend Dosen vorausgesetzt

An wie vielen Tagen pro Woche wird geimpft?

5 Tage
Im Kanton Zürich sollen bspw. die Impfzentren nur von Montag bis Freitag geöffnet sein
7 Tage
Bei Bedarf soll auch ein Wochenendbetrieb möglich sein
Alle impfbereiten Erwachsenen mindestens einmal geimpft am
6. Juli
Vollständig geimpft sind sie 4 Wochen später.
MrzAprMaiJunJulAugSepOkt0%20%40%60%80%100%mindestens einmal geimpft24. MärzStart15. MaiFür die Impfung der Risikogruppenverbleibende Zeit: 52 Tage22. Mai40%6. Jun60%21. Jun80%

Um das Impfziel bis Sommer zu erreichen, ist zweierlei notwendig. Erstens genügend Impfstoff (zum Impfmonitor) und eine Infrastruktur in den Kantonen, damit der Impfstoff schnell verimpft werden kann. Zudem ist das Tempo auch stark von der Impfbereitschaft der Bevölkerung abhängig: Je höher diese ist, desto länger dauert es. Eine Umfrage der Universität Zürich zeigt, dass sich aktuell fast 73 Prozent der Einwohner in der Schweiz «wahrscheinlich» oder «sehr wahrscheinlich» immunisieren lassen wollen (inklusive den bereits Geimpften) – so viele wie noch nie seit Beginn der Erhebung.

In einem positiven Szenario gibt es keinen Lieferverzug bei Moderna und Pfizer und den bis Ende Juli zugesicherten 10,5 Millionen Dosen. Das Vakzin von AstraZeneca wird im April zugelassen, und die Bevölkerung lässt sich trotz den vielen Schlagzeilen um das Unternehmen den Impfstoff spritzen. Die bis heute noch nicht eingereichten Zulassungsgesuche von Novavax und Curevac für ihre Vakzine werden im Mai oder Juni von der Heilmittelbehörde Swissmedic bewilligt. Die Kantone zusammen können wie versprochen ab Mai über 100’000 Dosen pro Tag verimpfen, und zwar von Montag bis Sonntag, und die Impfbereitschaft liegt ungefähr bei 65 Prozent. Dann wären alle, die das wollen, bis spätestens Ende Juni geimpft, sogar vollständig.

Ein negatives Szenario würde Lieferverzögerungen bei Moderna oder Biontech/Pfizer beinhalten, eine Ablehnung des Impfstoffs von AstraZeneca durch die Bevölkerung und einen Zulassungsverzug bei den noch ausstehenden Vakzinen. Die täglich verimpfte Menge an Dosen würde in der Schweiz daher lediglich 50’000 betragen, nur werktags. Wegen einer heftigen dritten Erkrankungswelle steigt die Impfbereitschaft aber auf 75 Prozent. Bei dieser Ausgangslage wären erst im November alle zweifach geimpft.

Gemäss dem BAG besteht bereits rund zwei Wochen nach der ersten Dosis ein hoher Schutz vor symptomatischen Infektionen, daher könne auch mit einer Dosis ein Einfluss auf den Verlauf der Epidemie erwartet werden.